Oasen in der Kulturlandschaft: Wenn Rohstoffgewinnung Artenvielfalt schafft

Renaturierte Kiesgruben sind wichtige Lebensräume für heimische Arten in intensiv genutzten landwirtschaftlichen Gegenden / Bayerische Rohstoffunternehmen unterstützen freiwillig Naturschutzmaßnahmen und -projekte

In Bayern beträgt der Bedarf an Sand, Kies, Schotter und sonstigen mineralischen Rohstoffen pro Jahr rund 150 Millionen Tonnen. Um diesen Bedarf nachhaltig zu decken und CO2-intensive Importe zu verhindern, ist eine regionale Rohstoffgewinnung unabdingbar. Der Anteil der Fläche, der für die Rohstoffgewinnung genutzt wird, bleibt dabei überschaubar: Er beträgt mit konstant 890 Hektar jährlich nur rund 0,013 Prozent der bayerischen Landesfläche. Zum Vergleich: Der Anteil von landwirtschaftlich genutzten Böden in Bayern liegt bei 44 Prozent.

Gewinnungsflächen als Lebens- und Rückzugsräume
Die Gewinnungsflächen in Bayern werden grundsätzlich nur vorübergehend beansprucht.

Oft müssen die gepachteten, landwirtschaftlichen Flächen wieder in den Ursprungszustand, zum Beispiel als Acker, zurückversetzt, also rekultiviert werden. Ist jedoch im Genehmigungsprozess eine Renaturierung möglich, können Biotope wie Inseln in einem Meer von Äckern und Feldern entstehen. Und keineswegs wird gleichzeitig auf der gesamten Fläche abgebaut.

Ein Teil eines Geländes wird für die Gewinnung genutzt, während sich andere Bereiche bereits in der Phase der Renaturierung befinden. Diese Teilbereiche wandern sozusagen, bis das Gebiet erschöpft ist. Dabei wird naturnaher Lebensraum für Flora und Fauna geschaffen und die oft dabei entstehenden Biotope werden zu wichtigen Lebens- und Rückzugsräumen für seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten. „Renaturierte Gewinnungsflächen sind wahre ‚Oasen in der Kulturlandschaft Bayerns‘“, wie Georg Fetzer, Präsident des Bayerischen Industrieverbands Baustoffe, Steine und Erden e. V. (BIV), es beschreibt. Er ergänzt: „Es gibt in Bayern so gut wie keine ursprüngliche Wildnis mehr, wie beispielsweise Flussauen. Gruben und Steinbrüche sind mittlerweile für seltene oder vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten die letzten Zufluchtsstätten.“

Kooperationen mit Naturschutzverbänden und Behörden
Zahlreiche Unternehmen der Rohstoffbranche in Bayern machen, was den Naturschutz betrifft, weit mehr als gesetzlich vorgegeben, und engagieren sich dafür, dass Flächen der Natur bestmöglich zurückgegeben werden können. Um das Wiederbesiedlungspotenzial von Gewinnungsflächen beurteilen zu können, braucht es unter anderem Kenntnisse über die Lebens- und Reproduktionsweisen der Arten, für die Gruben und Steinbrüche ein neuer Lebensraum werden könnte. Daher erfolgt die Renaturierung jeweils in enger Abstimmung mit den örtlichen Fachbehörden. Zudem stellen sich viele Betriebe eigene Fachleute, wie etwa Biologen, an die Seite und nutzen deren Expertise.

Preisgekröntes Artenschutzprojekt „Natur auf Zeit“
Seit 2016 engagiert sich der BIV gemeinsam mit dem Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV) und der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Bergbau- und Mineralgewinnungsbetriebe (ABBM): Im Projekt „Natur auf Zeit“ wird die Ansiedlung seltener, bedrohter Arten schon während der Rohstoffgewinnungsphase sowie bei der Renaturierung und darüber hinaus gezielt gesteuert. Das Kooperationsprojekt mit rund 50 teilnehmenden Standorten in Bayern wird vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) unterstützt, vom Bayerischen Naturschutzfonds gefördert und erhielt Ende 2023 den Umweltpreis der Bayerischen Landesstiftung. Eine projektbegleitende Wanderausstellung tourt aktuell noch bis Ende des Jahres durch ganz Bayern.

Überlebenswichtige Rückzugsorte: Erfolgreiche Projekte und Initiativen
Über die Jahre wurden schon viele Projekte auf den Flächen verschiedener Rohstoffunternehmen erfolgreich umgesetzt. So konnten im Bereich Vogelschutz zum Beispiel in Seen für die Nasskiesgewinnung Nistflöße für Flussseeschwalben und Steilwände für Uferschwalben errichtet werden. Der Bienenfresser kommt in Bayern fast ausschließlich in Sandgruben vor. In aktiven und stillgelegten Steinbrüchen sind bemerkenswerte Bruterfolge bei den dort angesiedelten Uhus zu verzeichnen. Auf naturnah angelegten Seen mit Kiesbänken siedelt sich der seltene Flussregenpfeifer erfolgreich an. Ausgedehnte Magerwiesen bilden wiederum einen idealen Lebensraum für verschiedenste Insektenarten und Reptilien.